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Schleudertraum im Kosovo
Nein, da fehlt kein a. Meine UNICEF-Tour im Kosovo war beides: Schleudergang und gelebter Traum. Ein Feuerwerk an Begegnung, Inspiration und medialem Aufgebot. Motivation ist keine Einbahnstraße, das durfte ich einmal mehr feststellen. Und um ein Haar wär ich sogar zum Präsident gewählt worden.
40 Tage und 4 Nächte
Dass UNICEF-Reisen bei aller Planung immer ein Schritt auf völliges Neuland sind, kenne ich schon. Neben der jedes Mal bewegenden Arbeit mit und für diese Organisation, zählen die vielen Überraschungsmomente zu den Kostbarkeiten meines Berufslebens – auch wenn der Wurf ins eiskalte Wasser unbekannter Situationen im ersten Moment scheußlich anmutet. Ich reise an, um zu geben und erlebe dabei selbst ein Geschenk nach dem anderen. Für den Kosovo waren vier Tage geplant. Vier Tage, die sich für mich in der Fülle dessen, was ich getan, gesehen und erlebt habe, wie vierzig angefühlt haben. Geschlafen indes hab ich definitiv nur vier
Ankommen für Fortgeschrittene
Tag eins versprach laut Agenda eher ein Art Warming Up zu werden. Erst einmal alle Kennenlernen, einem Meeting beiwohnen und dann sehen, was genau für die Folgetage vorgesehen ist. Kaffee, Kekse, Koordination, dachte ich. Dass es sich bei dem Meeting um ein All-Stuff-Meeting handeln und ich sofort bei meiner Ankunft zu dessen Mittelpunkt werden würde, überrollte mich ein wenig. Zack, von null auf hundert, da war es wieder. Und auf hundert blieb es. Schon am ersten Tag ergab sich eins ums andere. Im gefühlten Minutentakt kam jemand, um zu verkünden, welcher neue Programmpunkt sich spontan ergeben habe und brachte mich dorthin. Ehe ich mich versah waren Live-Interviews in den vier wichtigsten TV-Sendern des Landes anberaumt. So viel Kaltwasser hatte ich lang nicht mehr.
Wirkungsfaktor Selbstvertrauen
Oft werde ich gefragt, wie ich es trotz der Anspannung, die uns bei Unerwartetem überfällt, schaffe eine situationsbezogene Rede zu halten, meine Inhalte anzupassen oder die Performance. Die Antwort mag banal klingen, ist aber tatsächlich das ganze Geheimnis: Ich bin mit meiner Aufmerksamkeit zu 100% in der Situation und beim Publikum. Im Kosovo z.B. war ein Moment besonderer Aufregung als ich erfuhr, dass ich vor den Kindern einer Schule sprechen sollte – sehr junge Kinder, nicht etwa Teenager. Damit habe ich kaum Erfahrung. Es gab keine Zeit mich vorzubereiten. Was also brauchen Kinder? Welche Fragen haben sie an mich und wie sehen die Antworten aus? Schnell war mir klar, Zeigen geht über Erzählen: wie trinke ich, wie schreibe ich, wie öffne ich Flasche, wie komme ich allein in den Rollstuhl und wieder hinaus? In der kurz zuvor noch quirligen und wild durcheinander lärmenden Schar machte sich die Stille beobachtender Neugier breit. Wir waren in Kontakt.
Begegnungsfaktor Authentizität
Sei bei den Menschen und sie sind bei dir. Sei bei dir selbst und du bist bei den Menschen. Was als Kalenderspruch daherkommen mag, ist eine erlebte Erkenntnis, die mich durch alle meine Reisen, Vorträge und Begegnungen trägt. Die gleiche Neugier mit der ich Land und Leute entgegen komme, kommt zu mir zurück – manchmal so intensiv, dass ich mich unverhofft wie ein Shooting-Star fühle. Ich glaube ich habe bei noch keiner Reise in so kurzer Zeit so viele Vorträge gehalten und Interviews gegeben wie diesmal; eben noch zwischen Kindern, saß ich im nächsten Moment zwischen Botschaftern oder vor Fernsehjournalisten. Ich nahm wahr, dass mich die Menschen auf der Straße erkennen und über meine Begleiter erfuhr ich, dass meine UNICEF-Tour und unsere Motivationsbotschaft kurzzeitig sogar die aktuell anstehenden Wahlen von Platz eins der Nachrichten-Meldungen gekickt hatte. Unglaublich. „Nicht, dass ich versehentlich gewählt werde" witzelte ich – auf diesem knallbonbongleichen Trip schien langsam alles möglich.
Am Ende leider pleite!
Was aber wäre eine Reise, die nicht am Ende noch mit einer gepflegten Unwägbarkeit aufwarten würde? Die Grenzen setzt, wo man sie nicht gebrauchen kann. Die geplanten Rückflüge zerplatzten ins Nichts, weil die Fluggesellschaft Insolvenz angemeldet hatte. Andere Direktflüge? Fehlanzeige. Irgendeine Verbindung, die meine Ankunft zum nächsten Vortragsicherstellen konnte? Schwierig. Ich habe noch nie einen Vortrag versäumt oder abgesagt. Diesmal also? K.O. nach Schleudertraum? Wo ein „wie" ist, da ist auch ein Flug - im besten Leben führt der Weg nach Frankfurt eben auch mal über Wien.
Was war dein letzter Schleudertraum, der dich raus aus hundert Komfortzonen mitten ins Glück katapultiert hat?