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Symptom oder Gefühl? Was Reue über dich verrät
Oft wird danach gefragt, was wir im Leben besser anders gemacht hätten oder was wir bereuen. Jüngst formulierte jemand die Frage auf Facebook so: Wenn du könntest, welche Entscheidung würdest du heute anders treffen? Natürlich konnte ich meine Antwort nicht zurückhalten.
No risk, no Reue
Deutlich gesagt: Mich nervt diese Frage, dieses ganze Vergangenheits-Konjunktiv-Gedöns. Was hätte und wäre und könnte. Auch wenn die Frage diesmal etwas anders formuliert war, dahinter lauert er wieder, der prüfende Blick auf die Reue. Ich aber frage mich und euch und alle da draußen ganz grundsätzlich: Kann ich, kannst du, können wir WIRKLICH etwas bereuen? Wenn ich eine Entscheidung treffe, dann immer und ausschließlich auf dem gegenwärtigen Stand meiner Möglichkeiten. Alles, was ich bis zu diesem Moment an Erfahrung und Wissen und Handlungsspielraum habe, nutze ich. Dass ich später in meinem Leben besseres Wissen, andere Erfahrung und größere Handlungsspielräume oder whatever mitbringe, steht doch auf einem völlig anderen Blatt. Der Status von damals war der beste, den ich hatte. Wie soll ich den bereuen?
Es gibt also per Definition keine Entscheidung, die ich hätte anders treffen können und es gibt keine Entscheidung, die ich bereue. Oder …doch?
Gefährlicher Blick zurück
Ein zweiter Punkt, der mich an Fragen dieser Art irritiert, nein sogar stört, ist die Vergangenheitsbezogenheit und die Problemorientierung. Wieder einmal wird der Fokus auf etwas gelenkt, was ich erstens gar nicht mehr verändern kann, weil es bereits stattgefunden hat und zweitens wird vornehmlich der daraus entstandene „Schaden“ betrachtet. Nicht etwa eine Lösung, eine Alternative, ein neuer Weg oder ähnliches. Welches Ziel auch immer du hast, es wird nicht im Gestern erreicht werden. Schau ins Jetzt, schau nach vorn.
Die Botschaft von Reue
Wenn wir etwas bereuen, dann sagt das vor allem eins: wir haben eine Entscheidung wider besseren Wissens getroffen. Wir haben wider unseres aktuellen Wissens- und Erfahrungsschatzes gehandelt. Haben unsere Intuition überhört. Einem Bauchgefühl nicht getraut. Kurzum, wir haben nicht aus dem besten und vollsten unserer gegenwärtigen Möglichkeiten geschöpft. Denn nur dann, wissen und fühlen wir später, dass wir es verdammt nochmal hätten besser machen können. Und zwar nicht erst heute, sondern damals schon!
So betrachtet ist Reue der beste Wegweiser zu uns selbst und der Frage: wie authentisch sind unsere Entscheidungen? Wie nah an dem, wer wir wirklich sind und was wir wirklich leben und tun wollen, sind sie?
Deshalb bereu ich nichts
Nein, ich bereue nichts. Auch die Entscheidungen nicht, die mir unschöne, doofe oder bittere Konsequenzen eingebracht haben. Denn ich traf sie aus vollstem Herzen, vollster Überzeugung und mit allem, was mich zum Entscheidungszeitpunkt ausgemacht hat. Ich hätte sie nicht besser treffen können und ich war zu jeder Zeit bereit mich jeder Konsequenz zu stellen.
Wenn dein Leben Kontur bekommen soll, dann trau dich, deine besten Entscheidungen zu treffen. Sie müssen nicht „richtig“ sein, sie müssen du sein zu hundert Prozent. Wenn du zurückblickst, dann solltest du auf Gold, auf Mist, auf Misserfolge und Erfolge mit genau einem Gefühl blicken: der tiefen Gewissheit, dein Bestes gegeben und gelebt zu haben. Das ist genau Glück.
Foto 1: Katy Otto
Foto 2: Christina Pörsch