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Der garantiert coronafreie Jahresrückblog
Wie schade, wenn ausgerechnet der Weihnachts-Newsletter einer großen, populären Organisation mit einer Bankrotterklärung beginnt. Es war der erste Satz, der mich nicht nur Kopfschütteln, sondern jeden Impuls weiterzulesen, ersterben ließ. Hatte ich wirklich richtig gelesen? Tatsächlich!
Abgesang statt Ausklang
„Wir haben noch nie das Ende eines Jahres herbeigesehnt, aber dieses Jahr schon!“ Rrrrrummmms. Freifahrt ins Jammertal. Es ist ja alles so schlimm. Oh, weh. Und, ach! Wenn alles, was von einem LEBENSjahr, bleibt, so ein Satz an erster Stelle ist, von Menschen, die in einer privilegierten Berufssparte angesiedelt sind, dann schäme ich mich regelrecht.
Neben vielen anderen Dingen, die ich 2020 gelernt habe (und, nebenbei bemerkt, Lernen ist eines der weiteren großen Privilegien des Lebens), waren zwei Dinge ganz besonders prägend in diesem Jahr:
- das Leben exakt so anzunehmen, wie es ist. Ich dachte immer, dass ich darin schon ziemlich gut bin. Schließlich war die Entscheidung mich selbst anzunehmen, wie ich bin, der Startschuss für den Weg in mein bestes Leben.
2020 war hier wirklich eine neue Challenge. Denn das Wesen einer Krise, ob global oder persönlich, ist nun einmal, dass man nicht sofort eine Lösung hat. Dass man auch nicht weiß, wann es vorbei ist. Dass man völlig unklar im Jetzt steht. Auf unbestimmte Zeit. Und ja, natürlich macht das was mit einem. Natürlich war ich verunsichert. In Bezug auf die Gesundheit (meine und die anderer) genauso wie in Bezug auf die berufliche Existenz. Ich habe eine Hilflosigkeit gespürt wie lange nicht.
- wandelbar zu bleiben. Dem Lebensfluss zu folgen, wie das Wasser dem Flussbett. Nicht starr festzuhalten am toten Geäst des „Ich wollte es doch aber ganz anders“. So viele Pläne, so viele Termine, so viele Träume – gekippt, gecancelt, aufgeschoben und aufgehoben.
Auch hierin wähnte ich mich bereits gut aufgestellt. Ist doch meine Lieblingsfrage „Wie kann es noch gehen?“ meine treue und inspirierende Begleiterin. 2020 wurde sie angesichts ausbleibender Einkünfte, gestrichener Vortragstermine und der massiven Beschränkungen im für mich immens wichtigen Sozialleben zum fast täglichen Mantra. Sie hat mich getragen. Sie hat neue Wege kreiert.
Und? Bin ich froh, dass das Jahr nun vorbei ist? Nö.
Unser aller veränderte Lebenswirklichkeit ist schließlich nicht vorbei. Ich persönlich blicke nicht auf ein Horrorjahr zurück, sondern auf ein weiteres, gelebtes Jahr. Ein Jahr der Bewegung, des Grenzgangs, des Klärens, der Stille, der Neugier, der Begegnung, des Aufrichtens, der Ideen, des Mutes, der neuen Erfahrungen und der Dankbarkeit.
Jeden Tag in diesem Jahr habe ich gelebt. Und wenn du das hier liest, gehörst du ebenfalls zu den Glücklichen, die leben, lernen und lieben dürfen. Es geht nicht darum, dass wir etwas schönreden. Dass wir so tun, als sei nichts passiert mit uns oder anderen. Mir geht es darum, dass wir endlich wieder verstehen, dass genau das das Leben ist: es passiert etwas mit uns und mit anderen. Jeden Tag. Mal ist es einfach zu nehmen und mal stellt es uns irre auf die Probe. Möchte ich deshalb auf die Probe verzichten? Auf mein Wachsen? Mein Erkennen? Mein Leben?
Krise macht klar, Krise macht ehrlich
2020 hat Menschen in einer Geschwindigkeit positioniert, wie es der beste Coach nicht könnte. Viel Meinung überall, dafür wenig Haltung; selten hat sich so stark heraus kristallisiert, wer wirklich etwas (in meiner Branche) zu sagen hat und wer nicht. Krisen machen ehrlich, sie zeigen dir, wo du wirklich stehst und was du wirklich zu tun vermagst. Auch bei mir gab es den Punkt, an dem ich mich gefragt habe: Und wenn jetzt wirklich nichts mehr bleibt? Wenn alles, was ich mir aufgebaut habe zusammenbricht? Wenn das Ende gefüllter Vortragshallen langfristige Realität wird? Was, wenn ich nicht Redner bleiben kann? Und die Antwort war klar: Dann ist das meine Lebensrealität. Dann ist das die Wahrheit, die Grundlage, der Boden auf dem ich stehe. Von dem aus ich weiter gehe. Wohin auch immer.
Dünnes Eis oder dünner Mut?
Phasenweise wähnte ich mich auf dünnem Eis. Es ist völlig normal, dass niemand von uns auf Anhieb eine Handhabe für all das hatte, was da auf uns zukam. Wir dürfen verunsichert sein. Angst haben. Wut. Und keine Lösung. Aber es gab den Moment in dem ich verstand, dass nicht das Eis dünn geworden ist, sondern mein Mut. Dass nicht die Umstände erstarrt sind, sondern meine Ideenwelt. Dass die Welt sich dreht und dreht, während ich Kaninchen vor der Schlange spiele.
2020 hat 366 Tage, die einen anderen Bogen gespannt haben, als ich -wir- es erwartet, erhofft, gewünscht haben, ja. Das Leben aber hat sich nicht gegen uns verschworen, es hat uns einfach einmal mehr gezeigt, was Leben im Kern eigentlich ist. Dafür bin dankbar. Darüber bin ich froh. Und mein Blick richtet sich auf jeden neuen Tag mit seinen Möglichkeiten und seinen Wundern, seinen Herausforderungen und seinen Erkenntnissen.
Ich wünsche euch allen vor allem eins für jetzt und das neue Jahr: Freude an dem, was LEBEN heißt.
Ich habe noch nie das Ende eines Jahres herbei gesehnt und das bleibt so.
PS: Stattdessen befasse ich mich lieber mit den nächsten verrückten Ideen. Bald möchte ich aussehen wie eine Pizza und nur noch über Sex schreiben. Warum? Lest ihr demnächst hier. Was sind deine nächsten verrückten Pläne?